Sprache ebnet Flüchtlingen Weg auf den Arbeitsmarkt

20.11.2015 CJD Olpe « zur Übersicht

Eichhagen. Experten diskutierten die Chancen der Flüchtlinge auf dem heimischen Arbeitsmarkt. Sprache und Qualifikation sind die Schlüssel.

Die Fragestellung „Flüchtlinge – Nur eine humanitäre Aufgabe oder auch eine Chance für den Arbeitsmarkt?“ wurde von den hochkarätigen Teilnehmern an einer Podiumsdiskussion im Christlichen Jugenddorf Eichhagen (CJD) klar beantwortet. Flüchtlinge sind zunächst eine humanitäre Aufgabe, sind aber auch eine Chance für den Arbeitsmarkt, wenn man die Thematik rechtzeitig, konsequent und langfristig mit den richtigen Mitteln angeht.

Im Rahmen der Veranstaltung wurde schnell klar, dass die Integration von Flüchtlingen in den heimischen Arbeitsmarkt keine einfach zu bewerkstelligende Aufgabe ist, sondern schnelles, konsequentes und zum Teil auch unbürokratisches Handeln auf allen Ebenen erfordert. Erste und wichtigste Aufgabe dabei ist es, den Flüchtlingen möglichst schnell Sprachkompetenz zu vermitteln. Und daran hapert es noch vielfach, wie in der zweistündigen Gesprächsrunde deutlich wurde.

Langes Warten auf Sprachkurs

So berichtete der 32-jährige Ägypter Wael Hamann, dass er zehn Monate warten musste, bevor einen anerkannten Sprachkurs machen konnte. Erst danach fand der studierte Jurist eine Arbeit als Maschinenbediener. Den Grund hierfür benannte Klaus Fenster von der IHK: „Alleine aus Sicherheitsgründen muss soviel Sprachkompetenz vorhanden sein, dass man die Leute vernünftig einweisen kann“. Daran scheitere oft schon die Umsetzung der von rund 70 Prozent der befragten Betrieben bekundeten Bereitschaft, Flüchtlingen ein Praktikum, Arbeit oder einen Ausbildungsplatz zu geben.

Unterschiedliche Qualifikation

Der 42-jährige IT-Spezialist Medhat Samaan kann eine Umschulung bei der Olper Firma LANData machen, wo man bereits, so Geschäftsführer Martin Meth, „den Fachkräftemangel spürt“. Wichtigstes Thema ist auch hier das Erlernen der deutschen Sprache. Martin Meth: „Wir sind ein Dienstleister, da ist das Gespräch mit den Kunden wichtig“.

Neben mangelnder Sprachkompetenz steht oft auch die „sehr unterschiedlichen Qualifikation der Flüchtlinge“, so der Staatssekretär im Arbeitsministerium NRW, Thorsten Klute, einer schnellen Integration in den Arbeitsmarkt im Weg. „Nur zehn bis 15 Prozent sind so qualifiziert, dass sie mit Deutschunterricht innerhalb von zwei Jahren in den Arbeitsmarkt integriert werden können“, so Klute.

30 bis 40 Prozent könnten mit Umschulungsmaßnahmen oder Ausbildung in drei bis fünf Jahren fit für den Arbeitsmarkt gemacht werden. Ein in etwa ebenso großer Anteil hat laut Klute „nie eine Schule gesehen, verfügt über keinerlei Qualifikation und ist auch langfristig kaum zu vermitteln“.

Der Markt regelt nicht alles

Aber auch bei dieser Gruppe und den Älteren müsse man aktiv werden, forderte Dr. Bettina Wolf, Chefin der Arbeitsagentur, denn „die berufliche Integration ist der beste Weg zur gesellschaftlichen Integration“. Ihr Mitarbeiter warteten darauf, dass mehr Flüchtlinge zu ihnen kämen. Michael Weißenfels (CJD) ergänzte: „Für mich wäre das ein Horrorszenario, für diese Gruppe wenig zu tun und sich auf deren Kinder zu konzentrieren“.

Kreisdirektor Theo Melcher sprach sich für die Einrichtung öffentlich geförderter Arbeitsplätze aus und mahnte: „Der Markt regelt nicht alles“.

Übereinstimmung herrschte darin, dass man Regeln und Vorschriften den Gegebenheiten anpassen müsse. Klaus Fenster (IHK): „Man muss das Regelwerk so ändern, dass die Hürden möglicht niedrig sind“. Das gelte auch für das Mindestlohngesetz. Dazu machte Thorsten Klute sofort deutlich: „Die Flüchtlinge dürfen nicht die neuen Billiglöhner der Republik werden“.

Quelle: Westfalenpost, Ausgabe Olpe vom 20.11.2015
Text: Peter Plugge