Abschied und Neuanfang

29.01.2018 CJD Olpe « zur Übersicht

win Premiere und Abschied zugleich: Gestern fand erstmals ein Gebetsfrühstück als Neujahrsempfang im Jugenddorf Eichhagen statt. Es wurde gleichzeitig genutzt, um Wolfgang Langenohl zu verabschieden, der bislang als Geschäftsführer für den Bereich Sozialmarketing zuständig war und nun als Leiter ins ugenddorf Birkelbach nach Wittgenstein wechselt (die SZ berichtete).

Langenohl begrüßte die Gäste in der Aula des Jugenddorfs, das 1974 gegründet
wurde und dessen Grundstein seinerzeit von Arnold Dannenmann, dem Gründer
des Christlichen Jugenddorfwerk Deutschlands, gelegt worden war. Langenohl
fasste zusammen, was seinerzeit der Grund für die Gründung gewesen sei und
dass damals wie heute Ziel des CJD sei, allen eine Chance zu geben, allen Jugendlichen eine Zukunft zu ermöglichen. Daher sei auch das Thema „Zukunft“ für das erste Gebetsfrühstück in Eichhagen gewählt worden. Er hoffe, das in anderen Jugenddörfern zum Teil schon lange praktizierte Gebetsfrühstück werde sich etablieren. Pfarrer Andreas Schliebener von der evangelischen Kirchengemeinde Attendorn, frisch aus einem Urlaub in den Bergen
zurück, nahm sein Urlaubsziel zum Motiv für seinen Vortrag und dessen symbolische Bedeutung wie in „über den Berg sein“.

Als Redner hatte Langenohl Kreisdirektor Theo Melcher nach Eichhagen gebeten,
der der Einladung gern gefolgt war. Er führte aus, Zukunft hänge stets von
Vorstellungen, Ängsten und Hoffnungen ab und sei daher subjektiv. Anhand einer
Geschichte malte Melcher aus, wie das Leben im Kreis Olpe in der Zukunft aussehen könnte.

Er schilderte den Werdegang eines fiktiven Jungen, der 2030 in Olpe geboren
wird. Teils humorvoll, teils nachdenklich malte Melcher aus, dass die Mutter des
Jungen, wie die Mehrheit aller Menschen, als PC-Spezialistin im Homeoffice arbeite, während der Vater als Mitarbeiter der Stadt Olpe einem aussterbenden Berufszweig angehöre. Die Banken hätten längst keine Schalter oder Geschäftsstellen mehr, die Entscheidung über Kreditvergaben werde von Algorithmen geklärt. Eine Verwaltungsstrukturreform sei gerade im
Gang, an deren Ende die Stadt Olpe die sechs übrigen Kommunen des Kreises
übernehme, während der Kreis Olpe in einem Großkreis Arnsberg aufgehen werde, der seine Verwaltungsräume in den Gebäuden der nun abgeschafften Bezirksregierung beziehen werde.

Ab dem dritten Lebensmonat werde der Junge in der „Kinderbildungseinrichtung“
verpflichtend aufgenommen, und das kostenlos. Dies sei bundesweit so, weil in Sachen Bildung der Föderalismus im Jahr 2030 aufgegeben worden sei. Nach einem zehnjährigen gemeinsamen Unterricht, in dem es keine separaten Fächer mehr gebe und Lehrer viel mehr Praxis vermittelten als heute, gehe es in die akademische oder die berufliche Ausbildung. Dabei würden die Sprachen Deutsch und Englisch gleichberechtigt unterrichtet, weil dies zur Integration in einem immer bunteren Deutschland nötig sei. Die Arbeitswelt sei auf immer weniger Menschen angewiesen, vieles werde von Robotern erledigt. Daher gebe
es ein bedingungsloses Grundeinkommen, das jedermann ein auskömmliches Leben ermögliche. Die Menschheit ernähre sich fast ausschließlich vegetarisch, Pflanzen würden in riesigen mehrgeschossigen Gewächshäusern erzeugt. Durch tägliche medizinische Diagnose mit einem Selbstbedienungsgerät in jedem Badezimmer sei die Lebenserwartung auf 140 Jahre gestiegen, Tendenz steigend. Als Ersatz für die für viele wegfallende Lebensarbeit bringe sich nahezu jeder ein, aber Einrichtungen wie das CJD würden auch dann noch nötig sein, denn trotz aller medizinischer Fortschritte werde es keinen einheitlich intelligenten
Menschen geben.

Eine Perspektive „voller Annehmlichkeiten und Bedrohlichkeiten“ sah Jugenddorfleiter Michael Weißenfels in Melchers Zukunftsprognose. Er selbst sehe das richtige Maß zwischen dem früher oft gehörten Satz „Kind, denk an deine Zukunft“, der anders gemeint sei, aber heute als Drohung verstanden werden könne, und dem rheinischen „Et hätt noch emmer joot jejange“. Auch eine ungewisse Zukunft lasse sich immer positiv deuten. Das CJD Olpe betreibe inzwischen vier Kindergärten, „da begleiten wir Kinder in eine gute Zukunft“.

Wichtig sei, dass die Verantwortlichen immer im Hinterkopf behielten, dass Bildung stets Geld koste. Und wenn die Wirtschaft jammere, dass Fachkräfte fehlen, dann müsse so etwas versucht werden wie beim CJD und seinem Ausbildungszentrum für Berufskraftfahrer: „Da muss eine Ausbildung dann vielleicht so aufgestellt werden, dass man von einer Abbruchquote von über 50 Prozent wegkommt hin zu normalen Zahlen.“

Mehrere Auszubildende des Jugenddorfs verlasen Fürbitten, bevor Pfarrer
Raimund Kinold aus Finnentrop das Schlussgebet sprach.

Text und Foto: ©Siegener Zeitung (win)